Wind of change? ‚1968‘ und ‚1989‘ in der ost- und westdeutschen Religionspädagogik

Wind of change? ‚1968‘ und ‚1989‘ in der ost- und westdeutschen Religionspädagogik

Veranstalter
Arbeitskreises für historische Religionspädagogik (AKHRP) in Kooperation mit dem Pädagogisch-Theologischen Zentrum der Ev. Landeskirche in Württemberg (ptz) und dem LOEWE-Projekt "Religiöse Positionierung: Modalitäten und Konstellationen in jüdischen, christlichen und islamischen Kontexten"
Veranstaltungsort
Tagungszentrum Haus Birkach, Grüninger Str. 25, 70599 Stuttgart
Ort
Stuttgart
Land
Deutschland
Vom - Bis
26.03.2019 - 27.03.2019
Deadline
20.03.2019
Von
David Käbisch

In der Zeitgeschichtsschreibung stehen die Chiffren „1968“ und „1989“ für zäsurhafte Anlässe, Formationen und Folgen des gesellschaftlichen Wandels. Dieser hat nicht nur die Rahmenbedingungen, Inhalte, Ziele und Methoden religiöser Erziehung, Bildung und Sozialisation langfristig verändert, sondern auch die religionspädagogische Theoriebildung und kirchliche Bildungspolitik herausgefordert.
Bislang wurden die beiden Komplexe „‘68“ und „‘89“ meist getrennt voneinander thematisiert. Beide Forschungsfelder sind noch sehr fluid und von Zeitzeugensichten geprägt, wohingegen feste Forschungsparameter, mit deren Hilfe sich innovative Dynamiken vermessen ebenso wie Kontinuitäten nachweisen ließen, nur sehr zögerlich allgemeine Akzeptanz gewinnen. Zu unterschiedlich scheinen auch die ikonischen Momente von 1968 – linksgerichtete Studentenaktionen gegen die Notstandsverfassung in der Bundesrepublik, Proteste gegen den Vietnamkrieg, die Mai-Unruhen in Frankreich, die Ermordung Martin Luther Kings – und 1989: Bürgerproteste gegen die gefälschten DDR-Kommunalwahlen im Frühjahr, das Anwachsen der Migrationsbewegung im Sommer, die im Mauerfall gipfelnden Massenproteste im Herbst und der Zusammenbruch der sowjetischen Herrschaft. Die leitenden Motive von Akteuren und Institutionen religiöser Bildung in den Umbruchskontexten von „1968“ und „1989“ waren freilich bemerkenswert ähnlich: Beide Male waren Emanzipation, Politisierung und ein Mehr an gesellschaftlicher Verantwortung die Leitbegriffe.

Die Jahrestagung des Arbeitskreises für historische Religionspädagogik (AKHRP), die in Zusammenarbeit mit dem Evangelischen Bildungszentrum der Evangelischen Landeskirche in Württemberg am 26./27. März 2019 stattfindet, setzt sich zum Ziel, die vielfältigen Verflechtungen zwischen der ost- und westdeutschen Religionspädagogik zwischen 1968 und 1989 zu analysieren. Der Prager Frühling, die März-Unruhen in Polen, aber auch die Festschreibung des Sozialismus und der Abschied von der Wiedervereinigung als Staatsziel machen 1968 auch zu einem Schlüsseljahr der DDR-Geschichte. Die Friedliche Revolution des Jahres 1989 in der Tschechoslowakei, in Polen und in der DDR hatte wiederum mit ihren komplexen politischen, ökonomischen und sozialen Begleiterscheinungen auch einschneidende Folgen für Westdeutschland. Zudem sehen nicht wenige Historikerinnen und Historiker in den Ideen von „‘68“ eine Keimzelle für die ost- und westdeutsche Friedens-, Gerechtigkeits- und Umweltbewegung der 1980er Jahre. Können die 1989er aufgrund solcher Zusammenhänge sogar als „verspätete 1968er“ bezeichnet werden, wie Marc-Dietrich Ohse und Stefan Wolle zugespitzt formuliert haben? In welchem Verhältnis steht die integrative Betrachtung des Umbruchsgeschehens zwischen 1968 und 1989 zur etablierten Sicht einer „Reformdekade“ der Religionspädagogik zwischen Mitte der 60er und Mitte der 70er Jahre? Diese Fragen werden in Stuttgart-Birkach an einem Tagungsort diskutiert, der in den 70er Jahren zu einem der ‚hot-spots‘ religionspädagogischer Reformbemühungen in Westdeutschland avancierte.

Programm

Begrüßung

14.00 Uhr
Stefan Hermann (Stuttgart)

Einführung ins Tagungsthema

14.05 Uhr
David Käbisch (Frankfurt am Main)

Eröffnungsvortrag

14.15 Uhr
Hein Retter (Braunschweig): Gesellschaft, Emanzipation, Religion 1965-1995 – Facetten erlebter deutsch-deutscher Geschichte

Panel I: Signaturen

15.15 Uhr
Stefan Hermann (Stuttgart): Die Entstehung des Pädagogisch-Theologischen Zentrums der Evangelischen Landeskirche in Württemberg. Vom Katechetischen Amt zum PTZ

16.00 Uhr
Jana Mautz (Tübingen): Reform oder Wende? Die Bewegungen und Denkansätze in den späten 1960er und frühen 1970er Jahren innerhalb der Religionspädagogik

Panel II: Ideologien

17.00 Uhr
Jan Herbst (Dortmund): Ist die ideologiekritische Religionspädagogik am Ende? Der problemorientierte Ansatz der religionspädagogischen Reformdekade um 1968 auf dem Prüfstand

17.45 Uhr
Antje Roggenkamp (Münster): Antiautoritäre Erziehung als Herausforderung für die Religionspädagogik der 60er und 70er Jahre

Abendveranstaltung 20.00 Uhr

"Wind of change?" – Ein Zeitzeugengespräch mit Christoph-Theodor Scheilke (Münster)

Mittwoch, 27. März 2019

Panel III: Vorstellung aktueller Projekte

09.00 Uhr
Paul Schweitzer-Martin (Heidelberg): Ernst Christian Helmreich und der Ansatz einer überkonfessionellen Geschichte des Religionsunterrichts

09.45 Uhr
David Käbisch (Frankfurt): „30 Jahre Friedliche Revolution“. Ein Oral-history-Projekt zur deutsch-deutschen Disziplingeschichte der Religionspädagogik

Panel IV: Perspektiven

10.45 Uhr
Cornelia von Ruthendorf-Przewoski (Bautzen), Von 1968 bis 1989. Der Prager Frühling und die evangelischen Kirchen in der DDR

11.30 Uhr
Johannes Wischmeyer (Tuttlingen): Resumée und Tagungsabschluss

12:30 Uhr
MITGLIEDERVERSAMMLUNG DES AKHRP (voraussichtlich bis ca. 13.30 Uhr)

Kontakt

David Käbisch

Fachbereich Evangelische Theologie Goethe-Universität Norbert-Wollheim-Platz 1 60323 Frankfurt a.M.

(069) 798-32942
kaebisch@em.uni-frankfurt.de

http://www.uni-frankfurt.de/71593642/Arbeitskreis
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